Braucht es zur Arbeitnehmerzufriedenheit Studien oder gesunden Menschenverstand?

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Monika MischekDie GfK hat für das Projekt Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt (psyGA) von der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) die Arbeitnehmerzufriedenheit erhoben. Ich zitiere die Wirtschaftswoche, in der diese Studie im April 2016 vorgestellt wurde:

„Wenn Vorgesetzte ihre Angestellten mit Respekt behandeln, sie fördern und fordern, ohne zu überfordern und sie offen und transparent kommunizieren, dann haben alle weniger Stress, sind weniger genervt und arbeiten motivierter. Ein Führungsstil, der auf Autorität, Zwang und Kontrolle beruht, ist laut INQA dagegen weniger empfehlenswert.“  Wer hätte das gedacht?

Ich frage mich, ob sich die Arbeitnehmerzufriedenheit nicht einfach mit gesundem Menschenverstand  und Kommunikation mit den Arbeitnehmern im eigenen Unternehmen ermitteln lassen würde – sofern dort überhaupt ein Interesse an zufriedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besteht.

Viele berufstätige Menschen haben die Erfahrung gemacht, dass Chefs, die ihre Mitarbeiter wertschätzen, respektieren und fördern zu einem angenehmen und produktiven Betriebsklima beitragen – im Gegensatz zu denen, die per Befehl und Peitsche durchregieren.

Die Arbeitnehmerzufriedenheit hängt also stark vom Führungsstil und der Einstellung der Führungskräfte ab. Umso erstaunlicher ist es, wie im Unternehmensalltag Menschen zu Führungskräften „gemacht“ werden:  Da werden fachlich brillante Mitarbeiter als Führungskräfte eingesetzt, um ihnen weitere Karriereschritte zu ermöglichen, obwohl diesen nichts ferner ist als Mitarbeiterführung:  Sie wollen lieber forschen und neue Entwicklungen vorantreiben. Das Vorgehen kann in einigen Fällen erfolgreich sein, oft ist es für die neu ernannte Führungskraft und deren Mitarbeiter gleichermaßen anstrengend und frustrierend. In vielen verschiedenen Projekten habe ich selbst erlebt, dass Mitarbeiter zu Projektleitern ernannt wurden, nur weil sie in dem Moment, in dem der Vorgesetzte über die Besetzung der Position nachdachte über den Flur gelaufen sind und von ihm gesehen wurden – kein Witz!

Wenn für die Entwicklung des Unternehmens die Zufriedenheit der Mitarbeiter ein wichtiges Element ist, sollten Führungskräfte aufgrund von Eignung und Neigung berufen werden und nicht eher zufällig. Denn gelingt es der Führungskraft, den Mitarbeitern gute Rahmenbedingungen zu schaffen, können diese kreativ und produktiv sein. Wichtig ist dabei, dass nicht nur anspruchsvolle Aufgaben vergeben werden, sondern auch die Verantwortung für die Erarbeitung und das Ergebnis übertragen wird. Nichts ist demotivierender als ein mit Enthusiasmus und Elan erarbeitetes Ergebnis nicht umsetzen zu können, weil es nicht deckungsgleich mit den Vorstellungen des Chefs ist. Oder feststellen zu müssen, dass die Führungskraft das Ergebnis als eigene Idee verkauft, weil er/sie sich davon Vorteile für den eigenen Karriereweg erhofft. Führungskräfte, die schlechte Laune an Mitarbeitern auslassen, die bei Fehlern die Schuldigen suchen und abstrafen statt gemeinsam aus den Fehlern zu lernen, die taktieren und die Ellenbogen einsetzen, Kollegen und Mitarbeiter in Misskredit bringen, braucht kein Mensch.

Mitarbeiter, die solche Vorgehensweisen mehrfach erlebt haben, werden sich danach häufig nicht mehr in gleicher Weise engagieren, sondern „Dienst nach Vorschrift“ machen oder je nach Persönlichkeit in die innere Kündigung gehen oder den Arbeitgeber wechseln. Ein Zitat, das ich sehr treffend finde, stammt von Alfred Herrhausen: „Am Ende sind alle Probleme der Wirtschaft Personalprobleme“. Wenn man dieser Aussage zustimmt, ist die Führungsaufgabe eine der wichtigsten Aufgaben im Unternehmen. Schaue ich mir die gelebte Praxis an, wundere ich mich nicht über die alljährliche Bestätigung von relativ konstanten 67 Prozent derer, die innerlich gekündigt haben durch den Gallup Engagement Index. Sicher gibt es positive Beispiele über die auch immer wieder berichtet wird. Die Anzahl derjenigen Unternehmen, die sich bisher davon inspirieren lassen, ist derzeit – noch? – gering, aber ich bleibe optimistisch!

Wenn weniger Fachkräfte zur Verfügung stehen und diese sich konsequent von den beschriebenen misslichen Arbeitsbedingungen abwenden, bleibt den Führungskräften nur zweierlei Wahl: sich verändern oder untergehen. Vielleicht gibt das genug Leidensdruck, um Veränderungen zu bewirken…

Alfred Herrhausen (* 30. Januar 1930 in Essen; † 30. November 1989 in Bad Homburg vor der Höhe) war ein deutscher Bankmanager und Vorstandssprecher der Deutschen Bank

Ihre Monika Mischek

 

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